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„Damit kannst Du doch nichts anfangen“: Vom Sinn des Studiums ohne direkten Berufsbezug

Veröffentlicht: 8. Juni 2012Kategorien: Führung & Organisation

„Damit kannst du doch gar nichts anfangen“, hören Studenten geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer schon im ersten Semester, was einige zum Selbstzweifeln, andere zur Verzweifeln und dritte zum Fachwechsel gebracht haben soll.

Muss das sein? Ich finde nicht. Es gibt unterm Strich nur wenige Fächer, die Wissen aus dem Studium unmittelbar abfragen – vor allem sind dies die Ingenieurwissenschaften.  Kaum ein Fach ist geeignet, Absolventen direkt als Arbeitskraft zu nutzen, das erklärt den Boom der dualen Studiengänge, die aus meiner Sicht vor allem zu einem geeignet sind: die frühere Ausbildung zu ersetzen. Denn an die Stelle des ehedem angesehenen Industriekaufmanns tritt heute der duale Absolvent in Wirtschaftsingenieurwesen oder BWL. Ich habe eine Pyramide beruflicher Direkt-Verwertbarkeit erstellt: Gerade die  geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer haben nun mal keinen Bezug, da hilft die Aussage der Bologna-Reformer, der Bachelor soll berufsqualifizierend sein, auch nicht weiter. Es ist ein Wunschbild. Es ist aber auch die Frage: Muss ein Studium überhaupt berufsqualifizierend sein? Ich finde: nein. Studieren wir, um Futter für den Arbeitsmarkt zu sein? Oder um unser Denkvermögen zu schulen? Die Entwicklung geht immer mehr Richtung Futter, und das macht mir etwas Sorge.

Dabei wird oft vergessen, dass nicht nur die Sozial-und Geisteswissenschaften, sondern auch Fächer wie Mathematik und Physik keiner Berufsausbildung dienen. Im Falle der Mathematiker und Physiker hat sich das deshalb bisher nicht negativ ausgewirkt, weil diese Studiengänge das analytische Denken schulen und Arbeitgeber hierin einen Mehrwert erkennen.  Den sie wirtschaftlich eben immer noch besser zu verwerten wissen (oder zu verwerten meinen) – im Moment. Die gestern im Stern veröffentlichte Jobampel scheint auf eine Veränderung hinzudeuten. Der niedrigschwelligere Abschluss durch den Bachelor erhöht die Absolventenzahlen stark.

Macht es heute noch Sinn, etwas zu studieren, das im Arbeitsleben keine Entsprechung findet? Ich finde: Möglicherweise sogar mehr als je zuvor, denn der Arbeitsmarkt ändert sich bereits und wird sich noch radikaler ändern. In „Die dritte industrielle Revolution“ entwirft Jeremy Rifkin ein Zukunftsszenario für 2050. Technik-Freaks, von denen ich einige in der Beratung habe, sagen mir, da würden sich Entwicklungen zusammenbrauen, deren allererste Anfänge wir erst sehen. Der Kochroboter, über den ich einst schrieb, sei in Anfängen längst da, schrieb ein Leser dieses Blogs.

Wir begründen unsere Annahmen stets auf den Erfahrungen der Vergangenheit. Prognosen wie die von Rifkin haben eher Unterhaltungswert, ein bisschen Science-Fiction für die Chefetage. Doch die Wahrheit ist doch:  Alte  Regeln, das sehe ich täglich, gelten immer ein klein bisschen weniger, irgendwann gibt es einen TURN OF OPINION und der gesellschaftlichen Haltung – die Exoten von einst werden Mainstream – und verschwinden dann ganz.

In 10 Jahren werden wir uns fragen, wie wir jemals so denken konnten und warum wir  unsere Kinder am liebsten alle zu Mathematikern machen wollten, wo wir doch an der Schwelle zur Sinngesellschaft mit Ideen wie dem Grundeinkommen stehen, in der das Thema „Futter“ für den Arbeitsmarkt sich fast erledigt hat …  Davon wird es dann nämlich genug geben, während die Medien ein echtes Problem haben könnten. Jetzt gerade entscheiden sich viele GEGEN einen Weg in Geistes- und Sozialwissenschaften, weil sie so oft von Ausbeute und schlechter Bezahlung gehört haben, dass der Abschreckungseffekt groß ist. Die vielfach gewählte Alternative BWL ist eine schlechte für Menschen, die sich dafür eigentlich null interessieren, denn schon jetzt ist der Überschuss in den traditionellen Einsatzfeldern groß.

Ich finde nicht, dass es egal ist, was man studiert oder lernt. Ich finde, man sollte und muss sich Gedanken machen. Aber in dem Bewusstsein, dass die Kette aus praktischen Erfahrungen, die irgendwann mal da sind und die erst im Rückblick Sinn machen entscheidend sein wird. Wo diese Erfahrungen gewonnen worden sind, ist dann unerheblich, auch ob sie bezahlt worden sind. Das Problem haben also nicht die Studenten der Geistes-, Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften – ja ich sehe diese spätestens in fünf Jahren auf einer Ebene, sondern die, die keine Interessen haben. Meine These ist sogar: Das Denken in Kategorien wie „ich muss am Arbeitsmarkt bestehen“ macht erstens unglücklich und fördert letztendlich auch das Verkümmern von Interessen.

Man macht sich derzeit viel zu viel Gedanken, um die Wahl des richtigen Studiengangs und vernachlässigt, dass man fast von überall zu einem Ziel kommen kann. Nur die Verwaltungswissenschaften und sehr spezialisierte Studiengänge sind kleine Einbahnstraßen. Drehen kann man aber auch da.

Eine Aussage im Interview mit Mirko Kaminski von achtung! gefiel mir ganz besonders: die Aussage, dass es nicht so wichtig sei, eine Metaebene zu beherrschen, im Falle eines Faches wie Kommunikationswissenschaften ist es die Metaebene Kommunikation. Praktisch kann man wenig damit anfangen zu wissen, wie Medien funktionieren, aber es schadet auch nichts.

Es gibt aus meiner Sicht heute vielleicht sogar mehr noch als früher viele gute Gründe für ein Studium, das mehr der Geistesbildung dient als der Berufsausbildung: Man lernt denken, kommt in Berührung mit Unterschiedlichkeit, verschiedenen Dingen. Einseitigkeit im Fachlichen führt auch im Denken (manchmal) zu Einseitigkeit. Für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung nicht gut.

 

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

18 Kommentare

  1. Jan C. Rode 8. Juni 2012 at 10:46 - Antworten

    Ich muss zugeben, dass ich auch bei diesem Artikel zunächst das übliche GeWi-Bashing erwartet habe. Von daher bin ich natürlich mehr als erfreut, dass in den Ausführungen dem GeWi-Studium differenziert begegnet wird.

    Aus meiner Erfahrung kann ich der These, dass Netzwerke und Praxis für GeWis oftmals die einzige Chance sind, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, voll zustimmen. Studenten spezialisierte Studiengänge sind GeWis, die “irgendwas mit Medien” machen wollen schon aufgrund ihrer Kontakte gegenüber klar im Vorteil.

    Dennoch würde ich mir wünschen, dass gerade in berufsfernen Studiengängen nicht immer nur der Karrierepfad “Festanstellung” als leuchtendes Beispiel an die Wand gemalt werden. GeWis haben gerade als breit aufgestellte Dienstleister in den Bereichen Kommunikation, Projektmanagement und Strategie große Potenziale.

  2. Dr. Eva Reichmann 9. Juni 2012 at 17:41 - Antworten

    Liebe Frau Hofert, ich muss Ihnen zum Teil widersprechen. Das Problem ist nicht das geisteswissenschaftliche Studium – sonden die Tatsache, dass viele es wählen, weil sie nicht wissen, was sie wollen, aber nach der Maxime “Hauptsache ein Studium” handeln. Auch Geisteswissenschaftler/innen müssen später arbeiten – und sollten wenigstens eine Idee davon haben, was sie später machen wollen.
    Und ein weitere Punkt: das Studium ist heute oft konsekutiv aufgebaut. Die Wahl des BA-Studiums entscheidet zu einem großen Teil über später mögliche MA-Studiengänge – und diese wiederum über mögliche Promotionen.
    Also: Geisteswissenschaften, ja! ( ich habs ja selbst studiert) – aber bitte dabei genau wissen, warum! (Was ich auch von Juristen und medizinern erwarte…)

    • Lisa Schreiber 10. Juni 2012 at 17:35 - Antworten

      Liebe Frau Dr. Reichmann, es stimmt, dass viele GeWi studieren, weil sie nicht wissen, was sie sonst machen sollen. Die hat man im Bereich BWL oder Ingenieurwissenschaften auch. Denn in den angesagten Studiengängen tummeln sich auch sehr viele Studenten, denen das nicht unbedingt Spaß macht oder die Talent dafür hätten. Ausschlaggebend sind oft nur die vermeintlichen zukünftigen Erfolgsaussichten. Deshalb muss ich Frau Hofert recht geben, dass Studenten, die keine “richtigen” Interessen haben, ein Problem bekommen könnten. Natürlich sollten auch GeWis sich Gedanken machen, wo sie eigentlich hinwollen. Trotzdem finde ich persönlich, dass das Studienfach in erster Linie Spaß machen muss. Während des Studiums sollten dann die Talente, Kompetenzen und Prioritäten klarer zutage treten. Mein Studium hat mich immer begeistert, dazu kamen weitere persönliche Interessen und Fähigkeiten. Zu Beginn wusste ich auch nicht genau, wo es hingehen soll. Nach und nach haben sich jedoch meine konkreten Ziele herauskristallisiert. Der Beitrag spricht mir jedenfalls aus der Seele 🙂

  3. Svenja Hofert 11. Juni 2012 at 14:17 - Antworten

    Hallo Frau Reichmann, ich find nicht, dass das ein Widerspruch ist. Klar sollte man wissen, was man damit macht. Aber auch nicht nur daran denken, Futter für die Wirtschaft zu sein. Es muss was dazwischen geben. By the way, wissen Naturwissenschaftler oft noch viel weniger, was sie mit dem Studium wollen, so meine Erfahrung. Und Juristen wachen oft erschreckt auf, wenn sie feststellen, dass man mit Jura eben doch nicht alles machen kann. Ich finde auch nicht, dass man von einem Erstsemester erwarten kann, dass er/sie schon weiß, welche Möglichkeiten er/sie hat. Das muss man sich erschließen. Hauptsache man versackt nicht im Elfenturm des Studiums und schaut sich die Möglichkeiten an. Ich würde mir auch eine bessere Kombinierbarkeit der Bachelor- und Masterabschlüsse wünschen. LG Svenja Hofert

  4. Claudia Hümpel 11. Juni 2012 at 16:04 - Antworten

    Liebe Frau Hofert, wie gut, mal wieder einen Artikel über Studienwahl und Karrierechancen zu lesen, bei dem wichtige Aspekte des Studiums, nämlich “Bildung” und die intensive Beschäftigung mit interessanten und vielfältigen Themen, die erst in zweiter Linie etwas mit der späteren Berufstätigkeit zu tun haben, in den Vordergrund gerückt werden. Natürlich darf man als StudentIn darüber nicht ganz vergessen, nach einem Studum auch den Einstieg und Übergang in das Berufsleben zu finden. Die Wahl des Studienfachs aber hauptsächlich von den Karriereaussichten abhängig zu machen (der Schweinezyklus lässt grüßen) bringt selten echten Persönlichkeiten sondern häufig “Schmalspurkarrieristen” hervor, die nur den direkten Weg nach oben kennen (oder was sie sich darunter vorstellen).
    Viel Besser ist nach meiner Erfahrung die Wahl “geeigneter Nebenfächer” (mein Onkel riet mir z.B. vor dem Beginn meines Mathematikstudiums zu Informatik als NF, damit das nicht eine ganz so “brotlose Kunst” wird), Praktika, Ferienjobs oder studienbegleitenden Nebenbeschäftigungen. Auch wenn man damit Gefahr läuft, ein Jahr länger als vorgesehen zu studieren, erweitert man dadurch seinen Horizont und erschließt sich Betätigungsfelder, an die man vorher vielleicht nicht gedacht hat.

  5. Katharina Hoehendinger 8. Juli 2012 at 9:31 - Antworten

    Liebe Frau Hofert,

    vielen Dank für diesen Artikel, der meiner Ansicht nach die aktuelle Situation sehr treffend beschreibt.
    Tatsächlich erschreckt es mich auch, wie sich immer mehr Menschen schon bei der Studienwahl zum “nachgefragten Produkt für den Arbeitsmarkt” formen möchten, was auch der seelischen Gesundheit des Individuums nicht zuträglich sein kann.
    Was den Gehaltsunterschied und die oftmals schlechte Ausgangsposition der Geistewissenschaftler betrifft denke ich, dass wir es hier auch mit einem falschen Selbstbild zu tun haben: schon während des Studiums wird den Studenten dieser Fächer gerne suggeriert, dass sie es später einmal schwer haben werden und dass ihr “Marktwert” (noch so ein no-go) gegenüber den Absolventen der Natur- und Wirtschaftswissenschaften geringer ist. Entsprechend verunsichert gehen die GeWi-Absolventen dann auch in Vertragsverhandlungen – ein gefundenes Fressen für einen Personaler oder Abteilungsleiter, der natürlich eine möglichst billige, hochqualifizierte Arbeitskraft möchte.
    Ich hoffe sehr, dass sich das von Ihnen beschriebene Szenario in der Zukunft realisiert und die Geisteswissenschaftler mit mehr Selbstbewusstsein in den Arbeitsmarkt eintreten können.

  6. Eva Novna 23. Juli 2012 at 14:19 - Antworten

    Liebe Frau Hofert,
    Lieber Blogger,

    wie sieht es eigentlich mit Geisteswissenschaftlern in wirtschaftlichen Berufsfeldern und Ihrer Bezahlung aus?

    Meine derzeitige interne Umfrage bei Absolventen des Faches verrät, dass der Durchschnitt wohl eher unterm Strich liegt: Zwischen 10.000 bis 33.000 schwankt (je nach Berufsfeld) die Vergütung. Aber ist das gerecht? Ich frage mich schon seit längerem warum GeWis für einen solchen Minderlohn arbeiten? Kriegen sie sonst nichts? Sind sie so verzweifelt? Warum fordern sie nicht mehr Gehalt? Was ist die Barriere? In anderen Ländern scheint es ein solches Problem nicht zu geben – sagt man jedenfalls! Studium ist Studium, Magister ist ebenfalls so hochwertig wie Master of Blablabla. Eine Bekannte (Absolventin eines kulturwissenschaftlichen Studiums), die momentan als Quereinsteigerin im Verkauf arbeitet erzählte mir kürzlich, dass sie bei der Gehaltsforderung scheiterte,.. weil “wir Ihnen nicht mehr bezahlen können! Sie haben ja keine klassische kaufmännische Ausbildung”… Gleichzeitig leistet sie vermutlich viel bessere und qualitativere Arbeit als der “ausgebildete” Mitarbeiter (Kaufmann im Einzelhandel) mit meinetwegen mehrjähriger Berufserfahrung! Da wird das Studium (nur weil es inhaltlich nichts damit zu tun hat) gleich Null gesetzt! Aber was will man machen?! Qualität lässt sich nur schwer messen. Aber irgendwie ist sie doch sichtbar. Trotzdem will dafür keiner Zahlen! Alle GeWis sollten gemeinsam dagegen vorgehen… es ist leider noch immer so, wenn “ich” das unterbezahlte Praktikum/ Volontariat ablehne, wird sich schon ein neue Depp dafür finden… und leider ist das praktisch auch immer der Fall.

    Was meinen Sie dazu?
    Lg Eva

    • Svenja Hofert 23. Juli 2012 at 15:42 - Antworten

      Hallo Eva, es ist nun mal (leider) so, dass hier unterschiedlich bewertet wird: Geistes- und Sozialwissenschaftler bekommen etwa bei der LH für ein Traineeprogramm weniger als BWLer. Trotzdem ist der Apfel manchmal sauer, in den man beißen muss am Anfang. Traineeprogramme für wenig Geld – manchmal geht kein Weg dran vorbei. So viel besser ist es woanders übrigens nicht, nur dass da JEDER am Anfang lauter Kröten schlucken muss. LG SH

    • Svenja Hofert 10. August 2012 at 14:00 - Antworten

      Hallo Eva, es bleibt dasselbe Thema: Arbeitgeber bezahlen für Berufserfahrung, ist die nicht vorhanden, nehmen Sie einen anderen. Insofern reicht ein Verbünden nicht, man muss sich mehr mit den Zielen und Möglichkeiten nach dem Studium beschäftigen. Indes ist es schon seltsam, warum z.B. die Lufthansa für Traineeprogramme, die sich an Geisteswissenschaftler richtigen, rund 10.000 EUR weniger zahlt als an die für Ings/BWLer. LG Svenja Hofert

  7. Christian 10. August 2012 at 13:41 - Antworten

    Bei allen noch so ausführlichen und oft auch richtigen Überlegungen zum Nutzen geisteswissenschaftlicher Studien bleibt eine Prspektive meist unbeleuchtet: die langfristige biografische Auswirkung einer Ausbildung in einem so genannten “Orchideenfach”. Verbleibstudien zeigen zwar, dass auch Geisteswissenschaftler einen Job finden, wenn auch später als andere Abolventen, seltener in Vollzeit und mit unterdurchschnittlicher Vergütung. Viel spannender ist jedoch die Frage, was genau sie eigentlich machen. Unausgeprochen bleibt nämlich, dass ganze Generationen von Germanisten, Romanisten, Philosophen und Japonologen in Call Centern, Warenlagern oder an Scannerkassen vor sich hin arbeiten – und dies haben weder sie selber noch ihre Familien, die häufig Geld und Hoffnungen in langjährige Studien gesteckt haben, sich als Perspektive für ihr Leben gewünscht, und es entspricht auch nicht den Potentialen der jungen Menschen, die sich auf ein geisteswissenschaftliches Studium eingelassen haben, ohne die langfristige biografische Auswirkung zu begreifen. Eine Berufsbildung, zumal eine mehrjährige, macht man in der Regel nur ein einziges Mal im Leben. Wir können noch so viel über den unzweifelhaft hehen Wert der geisteswisenschaften und die die vermeintlich hilfreiche Jobstrategie “Orchideenfach + Praktikum” schreiben, an der faktisch vorhandenen biografischen Katastrophe für einen nicht unerheblichen Teil der Abolventen ändert sich nichts, und wir sollten nicht länger daran vorbeiargumentieren.

    • Svenja Hofert 10. August 2012 at 13:57 - Antworten

      @Christian, weiß nicht, ob Sie aus der Praxis kommen, aber Praktiker werden ihnen bestätigen, dass das so schlicht nicht richtig ist. Was führ eine Studie? Auf welcher Datenbasis? Über welchen Zeitraum? Wer gute und relevante Berufserfahrung erwirbt, kommt in die gleichen Gehaltskategorien wie z.B. BWLer. Die in den Call Centern landen, sind Leute, die sich nicht frühzeitig orientiert haben. Dann ist das Studium nach spätestens 5 Jahren sekundär. Ich könnte Ihnen unzählige Beispiele erfolgreicher Geisteswissenschaftler nennen. Und die Sache mit dem 1 x Studium ist auch nicht mehr zeitgemäß. LG

  8. Liza 20. April 2013 at 13:04 - Antworten

    Guten Tag Frau Hofert,
    zunächst ein großes Kompliment für ihren ausgezeichneten Blog – hier fühle ich mich gut informiert. Ich würde mich sehr freuen , wenn Sie mir einen Ratschlag bezüglich meiner derzeitigen Situation geben könnten – ich habe im letzten Jahr meine Abiturprüfung erfolgreich ablegen können und bin danach erstmal für ein halbes Jahr ins Ausland (work&travel). Zum WS 2013 würde ich nun gern ein Studium aufnehmen und zwar im Bereich Administration,Verwaltung&Wirtschaft-ich tendiere zu Public Management(BWL),Rechtswissenschaften oder einer direkten Spezialisierung auf Verwaltungswissenschaften. Bedingt durch das Pyramidendiagramm bin ich aber nun doch ins Wanken gekommen – eine so frühe Spezialisierung im Bachelor ist wohl doch etwas riskant und eigentlich möchte ich das auch nicht. Gerade in der heutigen Zeit ist ein Bachelor mit einer “breiteren” Wissensvermittlung geschickter – vor einem BWL Studium schrecke ich aber auch etwas zurück, da die Prognosen (Schweinezyklus lässt grüßen) alles andere als gut sind. Kann man die Problematik mit BWL pauschalisieren d.h. stehen in wirklich allen Bereichen der BWL die Ampeln auf rot oder kann man noch differenzieren?

    MfG

    • Svenja Hofert 20. April 2013 at 18:32 - Antworten

      nein, pauschalisieren kann man das natürlich nicht. Im Finanzbereich gibt es durchaus Bedarf, für Marketing und Personal würde ich eher andere Kombinationen wählen. Ich mache die Erfahrung, dass Firmen die meisten Mix-Studiengänge nicht verstehen und eine zu frühe Branchenbindung zu früh festlegt. Es macht im Bachelor Sinn, maximal zwei Fächer zu mixen, drei finde ich fragwürdig – das mag Sinn machen,w wird aber von Arbeitgeberseite derzeit kaum goutiert.
      Wenn Wirtschaft keine totale Leidenschaft ist, würde ich an Mix-Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik denken. Hilft das Sonst muss man sich den konkreten Fall genauer ansehen, denn jeder ist anders und es muss zu Ihnjen passen – auch damit Ihre Noten gut genug werden für einen eventuellen Master. LG SH

  9. Fabian 3. Juni 2013 at 21:44 - Antworten

    Guten Tag Frau Hofert,
    ich werde im WeSe 13/14, nach einem Auslandsjahr, ein Studium anfangen. Ich interessiere mich für Politik und Internationale Beziehungen und dem Zusammenspiel der beiden mit der Wirtschaft. Nach dem Studium würde ich gerne einen Beruf ergreifen der es mir ermöglicht möglichst viel mit Menschen anderer Herkunft anderer Kulturen zusammen oder im Ausland zu arbeiten, sei es für eine internationale Organisation, einen multinationalen NGO oder vielleicht auch für ein internationales Unternehmen. Am liebsten hätte ich gerne einen
    Ich kann mir weder vorstellen in die Forschung zu gehen noch in einem Unternehmen rein wirtschaftliche Arbeiten wie z.B. Controlling aus zu führen.
    Ich wollte anfangs Politikwissenschaften studieren und habe mir dann auf Grund der oft gehörten schlechten Chancen für Geisteswissenschaftler gegenüber Wirtschaftswissenschaftlern überlegt dass ein Mix Studiengang der Wirtschaft und Geisteswissenschaften, wie z .B der B.A. Wirtschaft und Politik an der HTW Berlin mir die besten Chancen zum erreichen meines Zieles bietet. Im Gegensatz zum “normalen” Politikwissenschaftler würde ich so eine ganze Menge Fähigkeiten im Wirtschaftsbereich mitbringe und mir so auch noch viele geistes- und wirtschaftswissenschaftlcihe Master offen halten. Meinen Sie dass man mit einem Mix-Studiengang besser da steht als mit einem traditionellen geisteswissenschaftlichen Abschluss oder bin ich einfach der “allgemeinen Panik” erliegen

    • Svenja Hofert 4. Juni 2013 at 12:03 - Antworten

      Hallo, ich finde im Mix liegt eine Chance und würde das auch eher empfehlen. Sicher führt jeder Weg nach Rom, wenn man ihn nur energisch genug und mit Blick auf Praxiserfahrung und gute Noten begeht, am Ende ist es mit Wirtschaft derzeit aber eben noch leichter. Schauen Sie aber mal, wie sich das Studium kombinieren lässt mit vielleicht auch spezialisierten Mastern, da liegt manchnmal ein Hase im Pfeffer. LG und viel Erfolg Svenja Hofert

  10. Luzie 2. September 2014 at 14:36 - Antworten

    Liebe Frau Hofert,
    auch wenn Ihr Artikel schon etwas älter ist, hoffe ich, dass Sie noch auf meine Frage eingehen.
    Ich sehe das ganz genauso wie Sie, dass es da einen gewissen Druck auf zukünftige Studenten gibt, das angestrebte Studium MUSS zu einem klar definierbaren Berufsziel führen und deshalb (so ist meine Erfahrung) lassen sich viele z.B. zu einem Lehramtsstudium verleiten.
    Nun aber zu meiner Frage: Ich liebe die französische Sprache, die Kultur, einfach alles, was mit Frankreich zu tun hat. Ich würde später gerne in der französischen Botschaft oder in Goethe-Instituten arbeiten. Raten Sie mir in diesem Fall dazu, Romanistik mit z.B. Wirtschaftswissenschaften zu studieren?
    LG

  11. […] „Damit kannst Du doch nichts anfangen“: Vom Sinn des Studiums ohne direkten Berufsbezug – “Macht es heute noch Sinn, etwas zu studieren, das im Arbeitsleben keine Entsprechung findet? Ich finde: Möglicherweise sogar mehr als je zuvor, denn der Arbeitsmarkt ändert sich bereits und wird sich noch radikaler ändern.” […]

  12. […] dann nicht, wenn man sich auf Grund von fehlendem Interesse durch das Studium kämpfen muss. Wer sein Studienfach aus Überzeugung wählt und gut ist in dem was er tut, der hat bessere Chancen …. Piatov schreibt zudem: “Studier das, was dir Spaß macht!”, sagen auch viele Eltern, […]

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