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Vom Unternehmenszoo bis zur Unternehmensstadt à la Google City: Wie Unternehmen sich im Wettbewerb um Mitarbeiter positionieren könnten

Veröffentlicht: 2. Januar 2014Kategorien: Human Ressources

Weiter geht es mit meiner Trendschau, wobei 2014 für diesen Teil der Serie noch etwas zu früh ist… Der Arbeitsmarkt macht mutig. „Ich habe dieses Jahr gelernt, dass ich nicht jeden Job annehmen muss. Es kommen noch genügend andere Angebote.“ Nehmen, was kommt, ist out. Da ist der Fahrtweg zu weit, die Organisation zu chaotisch, sind die Räumlichkeiten zu unattraktiv oder ist der Führungsstil von gestern. Immer mehr Vertreter der Babyboomer und Generation X verhalten sich genauso wie man es sonst nur von der Generation Y liest. Man macht nicht mehr alles mit. Man opfert sich nicht mehr auf. Man gerät nicht in Mühlen, aus denen man nur mit Burnout herauskommt. Unternehmen müssen da langsam anfangen, sich ernsthaft neu zu positionieren und von innen neu aufzustellen. Achtung-Chef Mirko Kamininski hat es in meinem Blog einmal ganz richtig gesagt: „Erst der Kern, dann die Hülle.“ Noch halten sich wenige daran. Doch wenn auch ältere Mitarbeiter nicht mehr um jeden Preis bleiben, ist kurz oder lang ein Umdenken nötig. So könnten die Konsequenzen aussehen:

Unternehmen positionieren sich mit Immobilien, Kultur und einem eigenen Zoo

„Unser Benefit: Dreiraumwohnung inklusive“ – so oder ähnlich könnten Unternehmen künftig vor allem in Ballungsräumen werben. Eines der größten Probleme für Normalverdiener ist es hier, eine adäquate Wohnung zu finden. Künftig könnten Firmen Wohnhäuser anmieten oder auf ihrem Firmengrundstück bauen. Das gab es schon mal im Industriezeitalter des 19.Jahrhunderts: Da entstanden Arbeitersiedlungen und Häuser für die Ingenieursfamilien in Industriezentren wie Leuna. Oder im Ruhrgebiet, wo der Strukturwandel inzwischen leerstehende Werkswohnungen massenweise produziert. „Mit eigenem Kulturzentrum und 3D-Kino“ – das wäre möglicherweise eine Positionierungsalternative für ländliche Unternehmen. Wer geht schon in den Schwarzwald, wenn er aus der Großstadt kommt oder hier auch spannende Aufgaben haben könnte? Was am meisten vermisst wird, sind jenseits der großen Städte oft kulturelle Angebote. Nur konsequent, wenn regionale Arbeitgeber hier die Lücke schließen. Kindergarten und Fitnesstudio sind nicht neu. Airbus, allerdings nicht konsequent ländlich gelegen, hat sogar eine Joggingstrecke installiert. Firmenmuseum – von gestern. Theater, Lesungen, Multiplexkino und Firmenzoo für die Kleinen wären dagegen neue und zeitgemäße Einrichtungen. Zum „Package“ gehören könnte auch der Firmenshuttlebus, der Donnerstagabend zu Veranstaltungen bringt. Im Zuge der Konzentration und zugleich Dezentralisierung durch Netzwerkorganisationen könnten sogar ganze Städte entstehen, die dann z.B. Google City heißen.

Pauschal- statt Zeitverträge mit Strafzahlung beim Vorher-Wechseln

Alle Szenarien der Zukunft der Arbeit beinhalten die Prognose der zunehmenden freiberuflichen Arbeit. Aber könnte es nicht auch einen Gegentrend geben? Muss es nicht sogar? Es gibt starke Anzeichen: Ist es doch eine Tatsache, dass das firmeninterne Wissen sich über einen längeren Zeitraum aufbaut und es fatal wäre, wenn nun alle Mitarbeiter alle zwei Jahre wechseln oder als freie Projektkräfte keinerlei Interesse an langfristigen Bindungen haben. Ist es doch auch die Kenntnis interner Kommunikationsstrukturen und die erfolgte Einbindung in Unternehmensnetzwerke, die einen Mitarbeiter wertvoll macht und nicht das isolierte Fachwissen (das sich ohnehin kaum isolieren lässt). Drei- und Fünfjahresverträge für 300.000 bzw. 600.000 Euro pauschal könnten eine Alternative zum Dienstvertrag mit monatlicher Bezahlweise sein. Darüber könnte auch eines der Risiken heutiger Spezialisierungstätigkeiten aufgefangen werden – die oft nicht direkte Übertragbarkeit der Expertise aus dem einen in einen anderen unternehmerischen Zusammenhang. Denn, noch mal: Isoliertes Fachwissen nutzt nichts und bringt keinen weiter, es geht um die Netzwerk-Expertise.

Der komplett individualisierte Arbeitsvertrag

Von hier bis zum komplett individualisierten Arbeitsvertrag ist der Weg nicht weit: Wieso muss Arbeit eigentlich immer den gleichen zeitlichen und organisatorischen Gesetzmäßigkeiten folgen? Unternehmen werden flexibler in der Arbeitsvertragsgestaltung sein: eine Woche vor Ort, eine Home Office und die Heimatflüge werden bezahlt – so etwas gibt es bereits vereinzelt, es wird sich weiter verbreiten. Auch Rentenbezüge und andere Goodies lassen sich hoffentlich irgendwann einmal frei verhandeln.

Arbeit ist nicht Gott: Praktische Argumente bei der Arbeitsplatzwahl zwingen zu höheren Gehältern

Es kann sein, dass es bald in der Arbeit nicht mehr nur um Sinn geht, sondern die ganz praktischen Argumente zurückkehren. Mir wird die Sinnsuche ein wenig zu viel beschworen. Auch weil das Internet voll ist von sinnorientierten Zeitgenossen, verliert unsereins vielleicht manchmal das Gespür für das Leben „draußen“. Und da gibt es nun mal immer noch die Innendienstmitarbeiterin und den Vorarbeiter. Tut mir leid, aber auch wenn einige das immer wieder postulieren: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass SINN das Elixir für jeden ist und sein kann. Da wird der Arbeit etwas viel aufgehalst: Gottersatz zu sein, sinngebend zu wirken. Das kann es nicht sein. Nein, bitte, gibt Arbeit den Stellenwert wieder, der ihr gebührt. Vier Stunden, sechs Stunden am Tag sollten doch reichen. Da macht es dann auch wieder Spaß, mit nervenden Kunden zu telefonieren oder andere nur semi-herausfordernde Arbeit zu leisten. Weil solche Jobs meist eine mittlere Qualifikationsstufe erfordern, wird es bei einer ständig steigenden Akademikerquote nicht mehr so viel Menschen geben, die sie machen wollen. Deshalb müssten nach den Gesetzen des Marktes die Gehälter steigen.

Arbeit statt Rentnercafe: Oldie but Goldie

Schon jetzt fischen die Firmen vor allem unter den gut ausgebildeten Berufsrückkehrerinnen und Migranten. Die Angebote für sie werden sich immer verbessern, Personal wird in allen Teilen der Welt gesucht. Wenn die Potenziale ausgeschöpft sind, könnten die Rentner als unerschöpfliche Arbeitsquelle folgen. Für sie spricht auch der generationstypische Arbeitsethos: Es wird gemacht, was vereinbart ist und eingehalten, was zugesagt wurde. Selbstverständlich? Anscheinend nicht mehr. Meine Mutter hat bis 70 gearbeitet und eigentlich würde ich sie auch gerne jetzt noch. Arbeit löst einen angenehmen sozialen Druck aus, das Rentnerdasein ist etwas zu frei. Ergo wird manch einer zum Coachpotatoe. Da gäbe es noch viel Potenzial für den Arbeitsmarkt. Und sicher wird man anfangen, es bald zu nutzen. Personalagenturen für Senioren sind ein logischer Schritt. Bisher findet man unter dem Begriff nur Krankenpflege und einen 13 Jahre alten Eintrag über ein holländisches Modell. Aber Neues braucht halt seine Zeit.

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Über Svenja Hofert

Svenja Hofert ist vielfache Bestsellerautorin, die sich im deutschsprachigen Raum über mehr als ein Vierteljahrhundert ein hohes Renommee als Vordenkerin für das Thema Zukunft von Arbeit und Führung erworben hat. Ihr Motto "Zukunft der Arbeit mit Sinn und Verstand". Dieses Blog besteht seit 2006 und wird nur noch gelegentlich gepflegt. Folgen Sie der Autorin, indem Sie Ihren kostenlosen Newsletter Weiterdenken  abonnieren. Auf  Linkedin können Sie der Autorin ebenso folgen und erhalten 14tätig die Weiterdenken Essentials.

2 Kommentare

  1. Enrico Briegert 2. Januar 2014 at 17:08 - Antworten

    Letzten meinte ein 70-jähriger Taxifahrer, auf die Frage, warum er es sich noch antut: “Arbeit ist der billigste Zeitvertreib” 😉

  2. […] hoch – doch woher nehmen? Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei gerade einmal 2.9 Prozent. Neue Ideen sind gefragt. Post and Pray – also Stelleninserate schalten und hoffen, ist die eine Strategie. Sein […]

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